15.03.–06.07.2025 / Ballett

Kalei­dos­kop

Iratxe Ansa & Igor Bacovich / Mthuthuzeli November / Jean-Christophe Maillot
Sa 12.04.2025
Opernhaus Düsseldorf
19:30 - 22:15
Ballett
9983776756443322
Wechselnde Wochentage-Abo 2
Termine
19:30 - 22:15
Ballett
9983776756443322
Samstags-Abo 1
19:30 - 22:15
Ballett
9983776756443322
Wechselnde Wochentage-Abo 2
15:00 - 17:45
Ballett
9983776756443322
Sonntagnachmittags-Abo 2
19:30 - 22:15
Ballett
9983776756443322
Ballett-Abo 2
19:30 - 22:15
Ballett
9983776756443322
Donnerstags-Abo
18:30 - 21:15
Zum letzten Mal in dieser Spielzeit Ballett
9983776756443322
Sonntags-Abo
Beschreibung
Vielfarbiges Bewegungsspiel mal 3
Moto perpetuo (Uraufführung)

Invocation (Uraufführung)

Vers un Pays Sage
Uraufführung am 29. Dezember 1995, Salle Garnier Opéra de Monte-Carlo, Les Ballets de Monte-Carlo
ca. 2 ¾ Stunden, zwei Pausen
Empfohlen ab 14 Jahren
Ein Kaleidoskop ist eine bunte, abwechslungsreiche, anregende Mischung von etwas, das durch ständig wechselnde Farben, Formen und Eindrücke gekennzeichnet ist.

Moto perpetuo (UA)
Das Choreograph*innenduo Iratxe Ansa und Igor Bacovich beschäftigt sich mit der immerwährenden Bewegung und Vergänglichkeit der Zeit. Unter dem Titel „Moto perpetuo“ – ständige Bewegung – entwickeln sie eine eigene physische Sprache, die aus der Intuition heraus gemeinsam mit den Tänzer*innen im Zusammenspiel mit Bühnenelement und Licht entsteht, inspiriert von den Symmetrien und kreisenden Bewegungen in der Musik von Philip Glass.

Invocation (UA)
Für seine stark autobiographisch geprägte Kreation lässt sich der südafrikanische Choreograph Mthuthuzeli November von den Klängen, Tönen und Rhythmen aus der Heimat seines Vaters am Ostkap inspirieren. Er ruft sich den Ort, das Glücksgefühl der Gemeinschaft und die inspirierende Wirkung des Moments während einer Zeremonie ins Gedächtnis, lässt sie lebendig werden, teilt sie. Gleichzeitig ist es die berührende "Anrufung" (lat. invocatio) der Vorfahren eines Menschen mit der Bitte um Führung auf seinem Weg. Ausgehend von den Wurzeln der Familie und den Erinnerungen des Choreographen führt er das Publikum damit in seine ganz eigene Welt.

Vers un Pays Sage (1995)
Wie ein Aquarell in Rot-, Grün- und Gelbtönen unter der warmen südfranzösischen Sonne erscheint „Vers un Pays Sage“ (1995) des französischen Choreographen Jean-Christophe Maillot. Tanz ist Dialog – zwischen den Körpern. Getrieben von der rasanten Musik von John Adams’ „Fearful Symmetries“, ist dieser bewegte Dialog zwischen Spitzentanz und expressiver Moderne, spritzig und energiegeladen, eine Hommage an Maillots Vater, den Maler Jean Maillot.
Musikalische Leitung
Dramaturgie
Choreographie
Musik
Domenico Melchiorre, Philip Glass
Bühne mit EstudiodeDos
Kostüme
Choreographie, Bühne und Musik
Associated Choreographer
Sayaka Ichikawa
Musik
Kostüme
Choreographie
Musik
John Adams
Choreographische Einstudierung
Bernice Coppieters
Musik
MOTO PERPETUO
Domenico Melchiorre
Prolog (2024, Aufnahme mit Lunason-Instrumenten)
Philip Glass: 3. Sinfonie (1995)

INVOCATION
Alex Wilson, Mthuthuzeli November und George Morton (Orchestrierung)
Invocation (Uraufführung)
mit Einspielung von Gesang von Babalwa Zimbini Makwetu

VERS UN PAYS SAGE
John Adams
Fearful Symmetries (1988)

Zu den Choreographien

Moto perpetuo: DAS ENDE WIRD DIE STILLE DANACH SEIN
DIE CHOREOGRAPH*INNEN IRATXE ANSA UND IGOR BACOVICH IM GESPRÄCH MIT JULIANE SCHUNKE
Ihr habt euer Stück „Moto perpetuo“ genannt – ständige Bewegung. Was verbirgt sich dahinter?

Igor Bacovich: Im Grunde ist das ja ein universeller Begriff, der überall zutreffen kann: Auf den Kreislauf des Lebens, die Bewegung der Planeten und Sterne, das Vergehen von Zeit. Überall ist etwas gemeint, das sich fortwährend bewegt, das nie aufhört, noch aufzuhalten ist.
Iratxe Ansa: Ich assoziiere den Begriff moto perpetuo vor allem mit der Bewegung des Kreises. Der Kreislauf des Lebens, das Wiederkehren von Leben und Tod, wie organisch ein Kreis unser Leben beschreibt. Und auch als Tanzende bewegen wir uns oft in Kreisen. In „Moto perpetuo“ ist es die Bühne selbst, die etwas mit Kreisen, mit einem Anfang, der kein Anfang ist, etwas immer Weitergehende zu tun hat, in Verbindung mit Emotionen und Musik.
IB: Wir waren von der Idee inspiriert, dass etwas, das wie eine Skulptur aussieht, das fest und unbeweglich erscheint, beweglich sein kann, und sich sogar gleichzeitig in verschiedene Richtungen bewegen kann.
Ihr meint euer Bühnenbild, die rotierende und in sich drehende Wand, die EstudiodeDos für euer Stück entworfen hat, inspiriert von den stählernen Skulpturen des Künstlers Richard Serra.

IA: Ja, wir lieben seine Kunst. Und als wir Curt und Laeticia getroffen haben, sind wir sehr schnell bei einem Element gelandet, das wie Serras Stahlkunst etwas Eindrücklich-monumentales hat, unbeweglich scheint und doch den Raum beeinflusst und zum Klingen bringt: Eine Skulptur, die sich um einen Punkt drehen kann und immer wieder neue Räume bildet.
IB: Das Element hat zwei Seiten. Zuerst sieht man die dunkle Seite, die bläulich-schwarz schimmert. Die andere Seite vermittelt den Eindruck einer rostig-roten Oberfläche. Wir beginnen mit Bewegungslosigkeit und wir enden wieder mit ihr auf der schwarzen Seite und mit einem Tänzer allein, der auf die gleiche Weise gekleidet ist, wie am Anfang. Während die dunkle Seite die Realität markiert, ist diese andere Seite für uns wie eine Imagination, etwas Traumhaftes, die Vorstellungskraft unserer Hauptfigur. Seine Imagination erweckt die Farbe und den Glanz zum Leben. Die Wand wird ausschließlich von den Tänzer*innen bewegt, mal schnell und dynamisch, mal behutsam kleinteilig. Es gibt also ergänzend zu den Bewegungen der Tänzer*innen immer ein Gefühl von Bewegung und Dynamik auf der Bühne. Die Wand ist wie ein elfter Tänzer. Aus der Sicht des Publikums wird sie so aber etwas anderes, eine bewegliche, lebendige Figur.
IA: Uns wurde sehr schnell klar, nachdem wir begannen, zu choreographieren, dass das Element einen eigenen Sinn hat. Es stellt eine Trennung zwischen zwei Welten dar. Und es stellen sich Fragen wie: Was ist davor, was dahinter? Wer ist die Person vor der Wand, wer die Personen hinter der Wand?
Ein abstraktes Bühnenbild, ein abstraktes Ballett. Erleben wir hier trotzdem eine Geschichte?
IB: Abstraktion ist nicht das Gegenteil von einer Geschichte. Es gibt in unseren Stücken immer eine Art Erzählung, auch wenn wir sie nicht näher bestimmen, auflösen oder zu einem Ende führen. Wir öffnen einen Raum: Es gibt diesen einen Mann vor der Mauer und es gibt die Gruppe dahinter. Seine Gedanken öffnen diese Wand und die Menschen kommen aus dieser anderen Welt, egal ob sie seiner Vorstellung oder einer anderen Realität entspringen. Sie alle kommen und gehen ausschließlich durch die Wand. Und es entsteht etwas, vielleicht Teile des Lebens dieses Mannes oder Ideen und Gefühle, die er hat. Sie sind er. Er ist sie.
IA: Wir entwerfen in den kreisenden Bewegungen der Wand viele verschiedene Räume und Bilder, theatral und abstrakt. Wir hoffen aber immer, dass das Publikum etwas findet, wo es sich einhakt, mitgeht, sich auf etwas Neues einlässt. Eine Hauptfigur scheint uns etwas wie ein Schlüssel zum „Lesen“ zu sein, den das Publikum braucht, auch wenn wir nicht genau sagen, worüber wir reden. Und wir mögen es, wenn das Publikum an diesen Punkt kommt, an dem es nicht mehr hinterfragt, weil alles dynamisch ist und sich die ganze Zeit verändern kann. Das Stück braucht immer beide Seiten, die auf der Bühne und die im Zuschauerraum.
Eine starke Verbindung ergibt sich für euch aus den kreisenden Bewegungen auf der Bühne und der Musik von Philip Glass. Nach dem dreiminütigen Prolog vom Tonband setzt die Bewegung überhaupt erst mit Glass’ Streichorchester ein.
IA: Richard Serra und Philip Glass waren sich sehr nah. Sie waren Freunde und arbeiteten auch zusammen. Sie hatten etwas Gemeinsames, nicht nur kulturell, weil sie in der gleichen Zeit lebten, sondern sie teilten eine gewisse Intimität, ein Wissen um Ausdruck, Kraft und Bewegung. Glass spielte seine Musik oft in Ausstellungen von Serra. Wie die Wand auf der Bühne entspinnt sich auch Philip Glass’ Musik in Kreisen bzw. Symmetrien und ist sehr emotional und dynamisch. Sie ist die imaginäre Welt und ebenfalls in ständiger, unendlicher Bewegung. Sie baut sich zyklisch auf und verwebt Bewegung und Zeit miteinander. Und das Ende wird die Stille danach sein.
IB: Im Grunde sind wir wegen der Musik auf unsere Form des Bühnenbildes gekommen. Das erscheint uns ganz logisch und aufgrund der Bekanntschaft der beiden Künstler auch sehr vertraut.
Ihr habt als wichtiges Element eurer Choreographie die Zeit erwähnt. Welche Rolle spielt sie in „Moto perpetuo“?

IB: Sie ist die Sache, die man nicht aufhalten kann, die immer weiterläuft. Sie wirkt sich auf dein Leben aus, egal ob du es willst oder nicht. Du kannst nichts dagegen tun. Für uns ist die kreisförmige Bewegung der Wand und der Musik sehr stark mit der Zeit verbunden. Die Bewegung der Wand, macht das Vergehen der Zeit sicht- und fühlbar. Für unsere Augen bewegt sie sich langsam und gleichmäßig, verdrängt eine Unmenge an Luft um sich herum – vielleicht wie ein Wal, der auf- und wieder abtaucht. Aber im Grunde ist es eine schnelle Bewegung für ein so großes Objekt. Es hat seine eigene Zeitlichkeit. Und in unserer Wahrnehmung geht sie weit über die eigentliche Bewegung hinaus. Man wird sich seiner eigenen „Größe“ in diesem riesigen Universum bewusst – und dem Vergehen der eigenen Zeit.
IA: Auch in unserer Choreographie wird Zeit sicht- und fühlbar. Zum Beispiel ändert sich in einer Szene jedes Mal, wenn eine der Wände die Sichtachse des Publikums kreuzt, die Geschwindigkeit der Tanzenden dazwischen. Es ist wie eine Referenz an etwas anderes, etwas davor vielleicht. Das rotierende Element verändert die Welt.

Probentrailer

Moto perpetuo
Ihr arbeitet schon seit Jahren immer im Team. Wie funktioniert diese Zusammenarbeit?

IA: Wenn wir entschieden haben, welches Thema, welche Idee uns interessiert, gehen wir direkt in den kreativen Prozess, und das immer als Team mit Bühne, Kostüm, Licht und den Tänzer*innen. Wir planen die Bewegungen nicht, innerhalb eines offenen Raums beginnen wir zu improvisieren und erarbeiten Hand in Hand das Bewegungsmaterial.
IB: Iratxe ist großartig in der Umsetzung der Musikalität eines Stückes und diese zu vermitteln, ich habe schon immer sehr genaue Vorstellungen davon, wie die Choreographie mit dem Bühnenbild und dem Licht funktioniert. Aber in jedem Fall sind wir sehr offen in unserer Arbeit. Wenn ich mit einer Idee von mir etwas abändere, was sie vorher gemacht hat – oder andersherum, dann ist das in Ordnung, alles treibt das Stück voran.
Invocation: ZUSAMMEN – FINDEN
DER CHOREOGRAPH MTHUTHUZELI NOVEMBER IM GESPRÄCH MIT JULIANE SCHUNKE
Mthuthuzeli November (rechts) im Gespräch mit Igor Bacovitch
Du hast als Kind auf den Straßen Kapstadts getanzt, Stepptanz gemacht und zeitgenössisch getanzt, mit 15 Jahren bist du klassischer Balletttänzer geworden. Nach Arbeiten u.a. für verschiedene afrikanische und englische Compagnien zeigst du nach „Water me“ (Staatstheater Karlsruhe) mit „Invocation“ deine zweite Kreation für eine deutsche Compagnie. Was hat dich zum Choreographieren gebracht?

Tanz war schon immer ein wichtiges Ausdrucksmittel für die Menschen in Südafrika. Wenn wir trauern, tanzen wir, wenn wir beten, tanzen wir. Das ist einfach ein Lebensgefühl. Ich habe früher immer meine eigenen Stücke getanzt, es waren meine eigenen Ideen, meine Welt. Doch ich merkte irgendwann, dass ich vom Tanzen allein nicht bekam, was ich wollte. Beim Choreographieren geht es sowohl darum, sich tänzerisch auszudrücken, als auch darum, eine Vision von etwas zu entwickeln und Vertrauen in andere Künstler*innen zu haben, dass sie sie umsetzen werden. Ich stehe dann vor den Tänzer*innen und pumpe über den Rhythmus meine ganze Energie hinein, damit sie wissen, wie viel sie investieren müssen. Außerdem ist meine Erfahrung, dass mit dem Moment, wenn das Tanzen zum Beruf wird, viele vergessen, dass Tanz vor allem etwas ist, das sie lieben. Meine Lebensaufgabe ist, energiegeladene Räume zu schaffen, in denen es nur um das lustvolle Gefühl der Bewegung geht – und das dann auch mit Energie und Leidenschaft auf das Publikum zu übertragen. Ich liebe es, mit meinen Choreographien Menschen zu bewegen.
Wie castest du die Tänzer*innen für deine Stücke? Was ist dir wichtig?
Für mich ist in erster Linie die Energie einer*s Tanzenden und das Wissen, dass er oder sie sich voll und ganz einbringen wird in das Stück, wichtig. Ich entscheide das intuitiv, wenn ich mit den Tänzer*innen im Studio bin, ihnen beim Tanzen zuschaue. Es gibt Tänzer*innen, bei denen weiß ich sofort, dass wir dieselben Schwingungen teilen. Wir müssen uns aufeinander einlassen und dann können wir loslegen.
Du hast als Choreograph zunächst vor allem mit neoklassischem Bewegungsvokabular gearbeitet, dich aber mittlerweile davon entfernt. Warum?
Das Neoklassische, das feenhaft Leichte hat mir gefallen. Ich mochte Ballett und auch zeitgenössische Arbeiten und ging als Tänzer und Choreograph für solche Stücke nach London. Aber mir fiel schnell auf, dass ich eigentlich nichts wirklich Neues oder Interessantes mehr gemacht habe. Ich wollte mich unterscheiden von den anderen, etwas Eigenes finden und etwas Authentisches zu sagen haben. Ich wollte als Schwarzer, aus Afrika kommender Choreograph nicht etwas machen, das aussieht wie eine Arbeit aus Europa. Mir wurde klar, dass ich mich umso mehr nach Hause zurücksehnte, je weiter ich von zu Hause entfernt war. Ich fing an, meine Erinnerungen an meine Kultur und Gedanken dazu neu „auszumalen“. Meine ganze Art zu denken und an den Tanz heranzugehen hat sich seitdem verändert.

Wie sieht dieser Einfluss deiner Heimat auf deine Werke aus?
Das afrikanische Bewegungsvokabular ist sehr reichhaltig und von verschiedensten Orten auf dem ganzen Kontinent beeinflusst. Es gibt viele Rituale und kulturelle Praktiken, die ich als Kind oft beobachtet und die mich beeinflusst haben. Aber es geht nicht um eine Eins-zu-Eins-Abbildung, sondern um das Gefühl der Gemeinschaft.
Ich denke, meine Arbeit ist eine Mischung aus allem, was ich in meinem Leben als Tänzer gelernt habe. Die Wahl des Vokabulars hängt bei mir darüber hinaus stark mit der Geschichte zusammen, die ich erzählen will. Und das ändert sich bei jedem neuen Projekt. Allen gemein ist aber, dass in dem Moment, in dem die Tänzer*innen einmal die Bühne betreten haben, sie diese während des Stückes nicht wieder verlassen werden. Alle erleben auf der Bühne alles mit. Ein Abgang zwischendurch unterbricht, zerstört die Gemeinschaft.

Probentrailer

Invocation
Was war deine Idee für „Invocation“? Man kann den Titel als „Beschwörung“ oder „Anrufung“ übersetzen.
Es ist eine Art Anrufung, das Bitten um Hilfe bzw. Führung, die Frage, ob wir, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Das alles manifestiert sich in einem Moment, den ich als Kind erlebt habe und ist sehr persönlich. Ich war Teil einer Gemeinschaft in der Hütte meines Vaters. Es wurde etwas gefeiert, eine Zeremonie mit Trommeln. Ich war zufällig im Raum und sah zu. Alle saßen oder tanzten um ein Feuer in der Mitte. Die Leute sangen und skandierten und stampften, dass der Boden bebte. Da ich zu klein war, erinnere ich mich nur noch an die Gefühle, die das Zusammensein ausgelöst hat. Vor allem dieses Gefühl, dass da etwas viel Größeres war, das herbeigerufen wurde, oder dass die Leute die Hand nach etwas ausstreckten, etwas zusammenfügen wollten.
Ich habe den Eindruck, dass all das lange in mir verschüttet war, in der Zeit, in der ich weit weg war von zuhause. Jetzt bin ich soweit und hatte die Idee, dieses Gefühl durch den Tanz (wieder) zum Leben erwecken zu können und es zu teilen. Ich möchte noch einmal dort sein.

Wie überträgst du diesen Willen und das Gefühl der Unbedingtheit in der Art und Weise der Umsetzung auf die Tänzer*innen?
Ich lasse sie vom ersten Augenblick an wissen, wie persönlich das Ganze für mich ist, wie verletzlich, und deshalb kompromisslos ich damit bin. Dafür muss ich die Verbindung zu jedem und jeder einzelnen Tänzer*in finden. Ich möchte, dass sie sich ganz hineingeben in dieses unerbittliche Gefühl, sich darin verlieren, an ihre Grenzen bis zur körperlichen Erschöpfung gehen. Es ist etwas Existentielles und für mich schwer, sie dabei zu begleiten und dann wieder in die Realität „zurückzubringen“.
Szene aus "Invocation"
Oft komponierst du die Musik zu deinen Stücken selbst und entwirfst auch das Bühnenbild und die Kostüme in Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen.
Die Art der Musik hängt ebenfalls stark von der Geschichte ab, denn Tanz und Musik sind auf dem afrikanischen Kontinent sehr perkussiv. Ich komponiere und entwerfe auch das Bühnenbild zunächst selbst, weil es meine Ideen dort auf der Bühne sind. In dem Moment, wenn ich die Idee habe, weiß ich schon, wie es klingt und wie es aussieht. Ich arbeite mit Menschen zusammen, die mich kennen und meine Ideen aufnehmen und weiterentwickeln können. Bei „Invocation“ habe ich mit Alex Wilson zusammengearbeitet, den ich schon aus früheren Arbeiten kenne. Er hat ein sehr gutes Verständnis dafür, was ich in den Tanz einbringen möchte. Wir hatten viele Ideen, die gar nicht alle umsetzbar waren, aber irgendwo muss man ja anfangen. Beim Bühnenbild hat es mit der Vorstellung von der Hütte meines Vaters begonnen und Helena du Mesnil de Rochemont und ich haben sie entwickelt. Zuerst sollten es tatsächlich eine Wand und ein Dach werden. Aber wir haben es immer weiter vereinfacht, abstrahiert auf den Boden und das Dach, das sich bewegen kann und durch seinen Schattenriss ebenfalls einen eigenen Raum erschafft.

Am Ende des Stücks geht die Musik vom livegespielten Orchesterstück auf ein Tonband über, auf dem Trommeln und Gesang zu hören sind…
Ich wollte ganz am Ende nochmal eine andere Farbe in die Musik und das Stück bringen und den typischen Klang des Gesangs und der Trommel mit einbringen. Es gibt in Westafrika eine spezielle Trommel, die sprechende Trommel. Wenn man sie anschlägt, macht sie einen bestimmten Ton, der sich in der Höhe verändert, wenn man die Ringe an ihren Seiten zusammendrückt. Die Menschen in Westafrika verwenden sie zur Kommunikation. Sie müssen nur die Laute der Trommel hören, um zu verstehen, welcher Sinn. Die Idee dieser direkten Kommunikation gefiel mir, auch weil ich das Gefühl hatte, so direkt mit meinen Vorfahren in Kontakt treten zu können. Verbunden habe ich die Trommeln mit dem Gesang der südafrikanischen Sängerin Babalwa Zimbini Makwetu, die im Text ebenfalls die Vorfahren beschwört und auf ein Zeichen ihrer Unterstützung hofft. //
Vers un Pays Sage: EINE FEIER DES LEBENS
BERNICE COPPIETERS IM GESPRÄCH MIT JULIANE SCHUNKE

Bernice Coppieters ist eine der Musen für den französischen Choreographen Jean-Christophe Maillot. Sie lernten sich früh in ihrer beider Karriere beim Ballet de Monte-Carlo kennen und sie haben viel voneinander gelernt. Bernice kennt seine Arbeit besser als jede*r andere seiner Tänzer*innen. Über 40 Ballette hat Jean-Christophe Maillot für und mit ihr kreiert. Seit sie 2015 ihre aktive Laufbahn als Tänzerin beendet hat, studiert Bernice Coppieters seine Werke überall auf der Welt ein.

Die Choreographie „Vers un Pays Sage“ wurde 1995 im Andenken an den im selben Jahr verstorbenen Vater des Choreographen, den Maler Jean Maillot, kreiert. Es ist eins der vielen Stücke, die Jean-Christophe Maillot u.a. für dich und auch unseren heutigen Ballettdirektor Raphaël Coumes-Marquet kreiert hat. Was hat es mit dem Titel auf sich?
Der Name leitet sich von einem Gemälde aus der letzten Ausstellung von Jean Maillot ab. Es heißt „Pays Sage“ („Weises Land“) und wird am Ende auch auf der Bühne zu sehen sein. Das ganze Stück atmet den beeindruckenden Charakter und das Charisma von Jean Maillot, seine Energie, Neugier und Lebensfreude. In seinen Bildern gab es immer viele Farben, alles war sehr reichhaltig. Er hat auch Kulissen für Opern gemalt und Kostüme entworfen. Er war sehr wichtig für Jean-Christophe, war oft mit uns im Studio und kannte alle seine Arbeiten. „Vers un Pays Sage“ ist das erste Stück, das Jean-Christophe nach Jeans Tod kreiert hat. Es ist in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein in seinem gesamten Schaffen, emotional, gleichzeitig traurig und befreit. Für mich ist Jean-Christophe ein ebenso charismatischer und beeindruckender Mensch wie sein Vater für ihn war.
Jean-Christophe Maillot und Bernice Coppieters
Gleichzeitig ist es auch eine der am schwersten zu tanzenden Choreographien von Jean-Christophe Maillot …
Ja, genau. Es gleicht stellenweise einem Überlebenskampf und Ziel ist, dass die Tänzer*innen am Ende über die „Ziellinie“ kommen. Es ist sehr anstrengend zu tanzen, muss extrem genau ausgeführt werden und darf natürlich nicht ermüdend aussehen. Wie die sehr dynamische und präzise gespielte Musik von John Adams stoppt das Ballett nicht mehr bis zu seinem Ende, es gibt keine Pausen! Diese Form der Präzision war neu in Jean-Christophes Werk und hat allen anderen Balletten danach eine neue Basis gegeben. Er wollte zu einer Art akademischen Bewegung in der Choreographie zurückkehren. Waren die Stücke davor vor allem von Sinnlichkeit und ausschweifenderen Bewegungen geprägt, legte er nun den Fokus auf das Finden einer neuen Essenz der Bewegung selbst. Auch für uns Tanzende war das etwas Neues, wir mussten neue Bewegungen und eine neue Energie finden. Das war und ist auch heute, 30 Jahre später, noch immer eine große Herausforderung.

Wie begleitest du die Tänzer*innen durch diesen Prozess?
Das Wichtigste ist, dass man sich kennenlernt und gegenseitiges Vertrauen aufbaut. Ich bin sehr glücklich mit der Compagnie hier. Jede*r ist anders, funktioniert anders und hat unterschiedliche Fähigkeiten. Meine Aufgabe ist, sie alle zum selben Punkt zu bringen. Nur durch Vertrauen kann ich sie an ihre Grenzen führen und nur so können sie sie schließlich überwinden. Sie müssen die Anstrengung und die Angst überwinden und die Freude daran entdecken. Es gibt keinen leichten Weg. Man stellt sich in so einem Prozess – als Tänzer*in wie als Ballettmeisterin – in den Dienst der Choreographie. Man muss sein Ego beiseiteschieben, wird zum Instrument und schaut, was das Stück will – weg von der Oberfläche hinein in die Tiefe. Der glücklichste Moment für mich ist immer, wenn ich im Studio bin und einen Moment mit den Tänzer*innen erlebe, in dem sie ihre eigene Grenze durchbrechen und sie erkennen, was passiert ist.

Probentrailer

Vers un Pays Sage
Normalerweise zählen die Tanzenden ein Stück komplett durch. Bei Jean-Christophe Maillot müssen sie auf die Musik hören, den Puls aufnehmen.
Ja, sie müssen zuhören. Natürlich beginne ich die Proben immer zuerst mit dem Zählen, aber nie, ohne sie die Musik dabei hören zu lassen. Nach und nach zählen sie dann immer weniger und geben sich in die Musik. Aber am Anfang ist es fast unmöglich, denn sie müssen die Schritte lernen und aufeinander schauen. Die Musikalität ist dabei sehr wichtig. Wie du sie lebst als Tänzer*in unterscheidet dich von anderen Tänzer*innen und Künstler*innen und macht dich einzigartig. Es geht Jean-Christophe nicht nur um den Augenblick der Pirouette, sondern um das direkte Davor und Danach. Es geht darum, wie man etwas macht, nicht die Menge. Wie gebe ich der Person, die mich beobachtet, ein Gefühl der Musik, das ihr ermöglicht, sie auf andere Art und Weise zu hören. Es ist wirklich Teamarbeit. Man muss fast eine kleine Familie werden, aufeinander schauen, zusammen den Rhythmus der Musik aufnehmen. Allein kann man das nicht schaffen.

„Vers un Pays Sage“ „saugt“ das Publikum mit seiner Energie und offen geteilten Emotion förmlich ein. Gibt es den Kontakt zum Publikum während des Tanzens?
Nein, überhaupt nicht. Jean-Christophe denkt sehr oft filmisch in seinen Kreationen und die vierte Wand ist immer geschlossen. Er arbeitet deshalb oft mit diagonalen Strukturen. „Vers un Pays Sage“ ist fast wie ein Puzzle aufgebaut, wobei sich die Gruppen gegenseitig ausfüllen und wieder auflösen. Es gibt viele Linien und Kreuzungen, die sich später wiederholen. Die Bewegungsrichtung ist selten direkt frontal. Auch bei seinen späteren Handlungsballetten wie „Romeo und Julia“, direkt nach „Vers un Pays Sage“, kann man das sehen. Das Publikum kann sich ganz auf die Intimität dessen einlassen, was sie sehen, ohne sich von den Tänzer*innen beobachtet zu fühlen. Der Dialog findet ausschließlich auf der Bühne zwischen den Tanzenden statt.
Wie nutzt der Choreograph den Raum? Wie vermittelst du seine Bewegungen
darin?
Wie Jean-Christophe es mir gesagt hat, vermittle ich es weiter an die Tänzer*innen: Man muss den Raum um sich herum spüren und ihn ausfüllen, wie in der berühmten Zeichnung von Michelangelo, der „vitruvianische Mensch“. Eine Bewegung geht immer in mehrere Richtungen gleichzeitig, arbeitet gegen einen Widerstand, verändert etwas, sonst ist es eine leere Bewegung. Jeden Menschen umgibt ein Energiekreis, in dem er sich bewegt – im Leben wie in der Kunst. Dieser Kreis bestimmt den Raum, in dem man sich bewegt, wie man eine andere Person berühren will, wohin die Energie fließt.

Es gibt zwölf Tänzer*innen in diesem Stück. Ist es ein Ensemblestück oder gibt es auch solistische Parts?
Es gibt eine Art Solopaar. Und es wird in diesem abstrakten Ballett auch eine Geschichte erzählt bzw. Emotionen Raum gegeben. Jean-Christophe nutzt die Erzählung hier auf sehr besondere Art und Weise: Tatsächlich entspricht das Paar vor allem gegen Ende dem Vater Jean-Christophes in der weiblichen Partie und in dem männlichen Part den Menschen, die um ihn waren und sich um ihn gekümmert haben. Am Ende des Balletts wird es der weibliche Part sein, der zusammenbricht, aufgibt und stirbt. In diesem Moment erscheint das Gemälde von Jean Maillot auf der Bühne. Ich arbeite intensiv mit den Tänzer*innen daran, dass auch in jeder abstrakten Bewegung eine Emotion drinsteckt. Das ist etwas Besonderes bei Jean-Christophe. Er provoziert das Publikum buchstäblich, etwas zu fühlen, wenn sie zuschauen, auch wenn es ein abstraktes Ballett ist. Wenn man seine Handlungsballette sieht, dann ist die Art und Weise, wie er an die Sache herangeht, immer sehr natürlich, sehr einfach, wobei die Tänzer*innen wirklich wahrhaftig sein müssen und niemals schauspielern. Und so arbeite ich auch an den kleinen Geschichten in diesem Stück.
Du hast vorhin schon die sehr schnelle und fordernde Musik von John Adams angesprochen. Ein besonderer Effekt, der sich in „Vers un Pays Sage“ ergibt, ist, dass sich die Tänzer*innen in diesem rasanten Treiben plötzlich in Zeitlupe bewegen und man spürt in diesem Moment das Vergehen von Zeit fast körperlich.
Jean-Christophe nutzt diesen Effekt sehr gern. Auch er ist ein Stilmittel des Films, das er in seine Balletttechnik einbringt. Er friert manchmal sogar eine komplette Situation ein und nur eine Person bewegt sich noch. All das hat etwas mit dem Lenken des Fokus’ in seinen Werken zu tun. Der Blick des Zuschauenden, aber auch dessen Empfinden – zum Beispiel der Schnelligkeit oder Langsamkeit einer Bewegung – wird an die entsprechende Stelle oder in die jeweilige Situation gelenkt. Man spürt es förmlich auf der eigenen Haut – während John Adams weiter davonrast. //
Stimmen unserer Scouts für Oper und Ballett

Als Innenarchitektin arbeitet Ulla Blennemann seit 26 Jahren in der Düsseldorfer Carlstadt. Sie mag Sport und klassische Musik, singt selbst solistisch und geht gern in die Oper. Wird sie auch Opern­neulinge dafür gewinnen?
Ulla Blennemann über die Vorstellung am 20.03.2025:
Atemberaubend, außergewöhnlich, fantastisch – ein Ballettabend auf höchstem, internationalem Niveau!
Wie in einem „Kaleidoskop“ sieht das Publikum drei ganz unterschiedliche Ballettstücke, die sich faszinierend, spannend und kurzweilig in einer Trilogie vereinen. Zeitgenössische Tanzstücke von bekannten, gefeierten Choreographen, davon zwei Uraufführungen, werden gezeigt. Alle drei Stücke, ganz unterschiedlich in Tanz, Musik und Bühnenbild, fügen sich einzigartig ineinander. Puristisch, reduzierte Bühnenbilder, die das gesamte Spektrum von Licht und Farben präsentieren und unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Tänzer*innen leisten Ballett auf höchstem Niveau, von akrobatisch, kraftvoll bis zu klassischen Ballettelementen, alles fließt in diesen Abend ein. Ebenfalls ist die Klangwelt der Musik mitreißend und spannend, ein Erlebnis für alle Sinne des Betrachters. Gut im Klangkörper ausbalanciert – großes Kompliment an Dirigent & Orchester.
Unbedingt hingehen! Ein atemberaubender Abend für Jung und Alt, für Ballettfans und die, die es werden wollen!

Nico Brandenburg über die Premiere am 15.03.2025:
Bei „Kaleidoskop“ werden drei Choreographien von unterschiedlichen Künstler*innen aufgeführt. Erwähnenswert ist hierbei, dass es sich bei zwei der Aufführungen um Erstlingswerke handelt.
Ich war ab dem ersten Moment wie elektrisiert. Das Stück „Moto perpetuo“ bildete einen perfekt abgestimmten Dreiklang aus der Minimal Music von Philip Glass mit dem teilweise schon fast akrobatisch anmutenden Tanz und einem beeindruckenden Bühnenbild, welches mich an eine archaische Gebetsstätte erinnerte.
Das nächste Stück „Invocation“ rief bei mir die Assoziation an ein Stammesritual hervor, bei welchem der Protagonist eine Metamorphose durchläuft.
Die Musik war hier wesentlich ruhiger und cineastischer als beim ersten Stück, aber keineswegs weniger fesselnd.
Das dritte Stück „Vers un Pays Sage“ hatte eine komplett andere Ästhetik. Ein minimalistisches Bühnenbild mit wechselnden Farbwelten. Die Musik von John Adams mutete teilweise elektrisch an, mit sehr eigenwilligem Sound. Die Tänzer fegten über die Bühne. Eine Performance voller Energie, Tempo und Kraft.
Alle drei Stücke haben mich auf unterschiedliche Weise fasziniert und in ihren Bann gezogen.
Ein großes Kompliment an alle Beteiligten, die es wunderbar verstanden haben die unterschiedlichen Elemente homogen zusammen zu fügen.
Das Ballett am Rhein lässt mich als Neuling dieses Genres zum Fan werden: kulturelle Unterhaltung auf höchstem Niveau.
Vielen Dank!
Nico Brandenburg spielt E- und Kontrabass, ist künstlerischer Leiter der „Jazzschmiede“ und Dozent an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf. Die Oper ist das Kulturinstitut, mit dem er bisher am wenigsten Kontakt hatte – umso mehr freut er sich auf das Projekt.
Musik erreicht Stephan Schwering immer emotional – egal, ob Pop, Rock, Soul oder elektronische Musik. Warum sollte das mit der Oper und dem Ballett nicht auch so sein, fragt sich der Leiter der Zentralbibliothek im KAP 1 in Düsseldorf.
Stephan Schwering über die Premiere am 15.03.2025:
Ballett ist Bewegung, und „Kaleidoskop“ ist Dynamik – an diesem Abend kann man beides in drei unterschiedlichen Facetten erleben.
„Moto perpetuo" hat mich am meisten beeindruckt. Das Bühnenbild – eine bewegliche Wand mit Toren und Öffnungen – wird von den Tänzerinnen und Tänzern selbst ständig verändert. Jede neue Position erzeugt andere Szenarien, verstärkt durch raffinierte Beleuchtung und die hypnotische Musik von Philip Glass. Die visuelle und tänzerische Dynamik ist faszinierend.
„Invocation" stellt tänzerisch eine Metamorphose dar. Die kraftvollen Bewegungen und der intensive Ausdruck sind eindrucksvoll, doch das Stück selbst wirkte auf mich schwer zugänglich.
Den Abschluss bildete „Vers un Pays Sage", das mich mit seiner Leichtigkeit überraschte. Die Farbwechsel auf der Bühne erinnerten mich an Natur, Jahreszeiten und den stetigen Wandel des Lebens – gleichzeitig ein Hinweis auf die Vergänglichkeit, unterstützt durch die treibende Musik von John Adams.
Ein Abend voller Kontraste, der äußerst abwechslungsreich war.
Markus Baireuther über die Premiere am 15.03.2025:
Nach dem furiosen Auftakt der Ballettsaison 2024/25 mit „Signaturen“, erlebten wir jetzt einen Abend mit drei weiteren Stücken. Drei Handschriften, recht unterschiedlicher Natur in ihrer Herangehensweise, nichtsdestoweniger aber Berührungspunkte, die diese bunte Mischung zu einem herausragenden, ja geradezu unvergesslichen Erlebnis machen. So spielt in allen drei Stücken die Zeit eine Rolle. Es ist nicht nur die Vergänglichkeit, sondern deren Traurigkeit im Besonderen.
Der Abend beginnt mit „Moto perpetuo“, ein Tanz energetisch und ästhetisch in Vollendung, es ist Willkommen und Abschied, Ankunft und Aufbruch und mündet in Veränderung.
„Invocation“ lässt uns die Gefühlswelt des Choreographen erleben, welcher sich an eine Zeit der Geborgenheit in seiner Kindheit erinnert. Es ist ein Momentum aus der Vergangenheit, welches Kraft für die Gegenwart entwickelt.
Zum Abschluss erleben wir mit „Vers un Pays Sage“ eine Hommage an das Leben, in seiner
Vielschichtigkeit und Farbenpracht. Zelebriert wird hier die Freude an Bewegung, atemlos im Takt
der Musik.
Alle drei Stücke haben mal stärker, mal schwächer ihren Ursprung im Biographischen, quasi eine Art roter Faden, welcher sie verbindet. Wann gab es das schon mal, zwei Uraufführungen? Ich kann den Aufwand (Compagnie, Auswahl der Stücke, Interaktion) der Verantwortlichen nicht genug würdigen,
Fakt ist, hier entsteht etwas, es macht neugierig und Lust dabei zu sein.
Markus Baireuther kam zum Studium nach Düsseldorf und blieb. Der Buchhändler („Der Bücher Ober“) schätzt die Vielfalt der Kultur in der Stadt. Er besuchte schon viele Opern und Ballette – besonders in der Ära von Martin Schläpfer. Nun ist er gespannt auf Neues.
Die Düsseldorferin Nina Chevalier ist Immobilienberaterin und engagiert sich ehrenamtlich bei der IHK. Oft begegnet sie dem Klischee, dass „nur alte Leute“ in die Oper gehen – das möchte sie durchbrechen.
Nina Chevalier über die Premiere am 15.03.2025:
Für mich war „Kaleidoskop“ ein Ballettabend auf höchstem Niveau.Man hätte eine Trilogie vermuten können, aber es waren drei unterschiedliche Einzelchoreographien mit jeweils eigener Handschrift. Die tänzerische Leistung und das Bühnenbild waren in Summe erstklassig, die Musik ein perfekter Rahmen.
In „Moto perpetuo“ wurde die „ewige Bewegung“ als Kreislauf des Lebens sehr anschaulich und dynamisch dargestellt.
„Invocation“, der „Aufruf“ hatte eine ganz andere Wirkung, schamanisch-afrikanisch auf sehr ästhetische Weise.
Im letzten Stück „Vers un Pays Sage“, übersetzt „Hin zu einem weisen Land“, erlebt man sehr eindringlich den Zustand von Schwerelosigkeit und Hingabe, auch durch das pastellartige Bühnenbild.
Mich hat der Abend von der ersten Minute an fasziniert und begeistert. Wie durch ein Kaleidoskop erblickt man jedes Mal etwas anderes. Aus diesem Grund würde ich diesen Ballettabend auch nochmal besuchen.

Christine Kubatta über die Premiere am 15.03.2025:
„Kaleidoskop“ - ein gelungener Abend voller Schönheit, Dynamik und Energie
Mit diesen drei unterschiedlichen Stücken machte die Deutsche Oper am Rhein diesen Premierenabend zu einem brillanten Erlebnis, das sowohl Ballettliebhaber als auch Neulinge begeistern wird.
Bereits das erste Stück, „Moto Perpetuo“, zog mich mit seiner Hommage an die Dynamik des Lebens und die unaufhörliche Bewegung der Zeit in seinen Bann. Das Bühnenbild, das aus einem großen und schweren, beweglichen Wandelement besteht, verschmilzt mit den Tänzerinnen und Tänzern und der Musik zu einer dynamischen Einheit. Die Inspiration an den Werken des weltbekannten Künstlers Richard Serra wird deutlich. Für mich das faszinierendste Stück des Abends - und übrigens eine Welturaufführung!
Aber auch die beiden folgenden Stücke stehen mit Brillanz, Ausdruckskraft und emotionaler Tiefe in ihrer Intensität dem Auftakt des Abends in nichts nach.
Die kraftvollen, treibenden Kompositionen, umgesetzt von Dirigent Thomas Herzog und den Düsseldorfer Symphonikern, sind weitere Höhepunkte des Abends.
Mein Fazit: Freuen Sie sich auf ein mutiges Programm, mit dem das Ballett am Rhein wieder mal ein neues Kapitel aufschlägt.
Christine Kubatta, Head of Market Development der Fresenius Hochschule in Düsseldorf, nutzt gern das Kulturangebot der Stadt. Trotz ihres Kunststudiums hatte sie bisher wenig Bezug zum Opernhaus – das möchte sie als Scout für Oper und Ballett ändern.
Ballettführer Audio
Einen kurzen Einblick in den Ballettabend „Kaleidoskop” und seine Choreographien gibt Ihnen hier Dramaturgin Juliane Schunke. Den Ballettführer in der Live-Version können Sie 30 Minuten vor jeder Vorstellung im Foyer erleben.

Dauer: 9:43 Minuten

Wei­tere Em­pfeh­lung­en