28.09.2024–03.07.2025 / Oper
Eugen Onegin
Peter Iljitsch Tschaikowsky
So 03.03.2024
Opernhaus Düsseldorf
15:00 - 18:00
Oper
Termine
18:00 - 18:45
Opernwerkstatt Oper
19:30 - 22:30
Premiere Oper
19:30 - 22:30
Oper
19:30 - 22:30
Oper
Im Anschluss: Nachgefragt
19:30 - 22:30
Oper
19:30 - 22:30
Zum letzten Mal in dieser Spielzeit Oper
Beschreibung
Die Liebe kommt zu spät. Eine Geschichte von Leidenschaft und Bindungsangst
Lyrische Szenen in drei Akten
Libretto von Peter Iljitsch Tschaikowsky und Konstantin S. Schilowsky nach dem Versroman von Alexander Puschkin
Libretto von Peter Iljitsch Tschaikowsky und Konstantin S. Schilowsky nach dem Versroman von Alexander Puschkin
Als Eugen Onegin in Tatjanas geordnetes Leben tritt, erscheint er ihr wie eine Gestalt aus ihren Romanen. Hals über Kopf verliebt sich die junge, unerfahrene Frau in den weltgewandten Lebemann. Doch dieser wehrt ihre Zuneigung ab – sein rastloser Lebenswandel eigne sich nicht für eine langfristige Bindung. Jahre später begegnen sich die beiden erneut: Die gereifte Tatjana ist eine Vernunftehe mit dem wesentlich älteren Fürsten Gremin eingegangen und eine wohlhabende Frau geworden. Erschüttert erkennt Onegin, dass Tatjana doch die Richtige für ihn gewesen wäre. Doch jetzt ist es sie, die seine leidenschaftlichen Bekenntnisse zurückweist…
Ein Jahr vor der „Jungfrau von Orléans“ gelang Peter I. Tschaikowsky mit der Vertonung von Puschkins Versroman „Eugen Onegin“ 1879 der internationale Durchbruch als Komponist. Sein inniges Mitgefühl mit der unerwidert liebenden Tatjana ließ Tschaikowsky nach einem musikalischen Ausdruck forschen, der sich bewusst vom Opernpathos seiner Zeit abzusetzen versuchte. In seinen „Lyrischen Szenen“ konturierte er mit feinem psychologischem Gespür die unerfüllten Sehnsüchte einer sich selbst überdrüssig gewordenen Gesellschaft, die Regisseur Michael Thalheimer in seiner vierten Arbeit für die Deutsche Oper am Rhein ins Bild setzt.
Ein Jahr vor der „Jungfrau von Orléans“ gelang Peter I. Tschaikowsky mit der Vertonung von Puschkins Versroman „Eugen Onegin“ 1879 der internationale Durchbruch als Komponist. Sein inniges Mitgefühl mit der unerwidert liebenden Tatjana ließ Tschaikowsky nach einem musikalischen Ausdruck forschen, der sich bewusst vom Opernpathos seiner Zeit abzusetzen versuchte. In seinen „Lyrischen Szenen“ konturierte er mit feinem psychologischem Gespür die unerfüllten Sehnsüchte einer sich selbst überdrüssig gewordenen Gesellschaft, die Regisseur Michael Thalheimer in seiner vierten Arbeit für die Deutsche Oper am Rhein ins Bild setzt.
Opernführer Audio
Einen kurzen Einblick in die Produktion „Eugen Onegin” und ihre Hintergründe gibt Ihnen hier Dramaturgin Anna Grundmeier. Den Opernführer in der Live-Version können Sie 30 Minuten vor jeder Vorstellung im Foyer erleben.
Dauer: 08:39 Minuten
Dauer: 08:39 Minuten
Wie eine Malerei mit sehr feinem Pinselstrich - Im Gespräch mit Dirigent Vitali Alekseenok
Peter Tschaikowsky hat „Eugen Onegin“ bewusst mit der Genrebezeichnung „Lyrische Szenen“ versehen. Was meinte er damit, und wie macht sich dies in der Musik der Oper bemerkbar?
Ich möchte von einer anderen Seite beginnen: Über die „Jungfrau von Orléans“, die direkt nach „Onegin“ entstand, hatte Tschaikowsky damals geschrieben, er wolle eine große Oper komponieren, aber ohne die üblichen Dinge wie Märsche, Chor-Tableaus, etc. Am Ende wurde seine „Jungfrau“ jedoch genau das: ein mächtiges Werk mit vielen großformatigen Chören und einer durchaus massiven Klangwirkung. „Onegin“ ist für mich das absolute Gegenteil davon. In den „Lyrischen Szenen“ gibt es eine fast kammermusikalische Intimität, sowohl in der handwerklichen Herangehensweise wie auch in der inhaltlichen Positionierung. Die Partitur wirkt wie eine Malerei mit sehr feinem Pinselstrich, alles ist sehr sensibel und detailreich gezeichnet. Zwar gibt es auch hier ein paar opulentere Tutti- Momente; diese dienen aber eher als Kontrast, damit das Kleine und Feine noch raffinierter zum Vorschein kommt. Von der ersten Sekunde an führt uns Tschaikowsky in diese lyrische Stimmung ein, wenn die Ersten Geigen die Oper mit Tatjanas Motiv eröffnen: einer kurzen, zerbrechlichen Phrase, die wie ein melancholisches Fragezeichen über der gesamten Oper zu
schweben scheint. Es ist das Motiv der unerfüllten Liebe und Sehnsucht, unter der
alle Figuren in „Eugen Onegin“ leiden.
Ich möchte von einer anderen Seite beginnen: Über die „Jungfrau von Orléans“, die direkt nach „Onegin“ entstand, hatte Tschaikowsky damals geschrieben, er wolle eine große Oper komponieren, aber ohne die üblichen Dinge wie Märsche, Chor-Tableaus, etc. Am Ende wurde seine „Jungfrau“ jedoch genau das: ein mächtiges Werk mit vielen großformatigen Chören und einer durchaus massiven Klangwirkung. „Onegin“ ist für mich das absolute Gegenteil davon. In den „Lyrischen Szenen“ gibt es eine fast kammermusikalische Intimität, sowohl in der handwerklichen Herangehensweise wie auch in der inhaltlichen Positionierung. Die Partitur wirkt wie eine Malerei mit sehr feinem Pinselstrich, alles ist sehr sensibel und detailreich gezeichnet. Zwar gibt es auch hier ein paar opulentere Tutti- Momente; diese dienen aber eher als Kontrast, damit das Kleine und Feine noch raffinierter zum Vorschein kommt. Von der ersten Sekunde an führt uns Tschaikowsky in diese lyrische Stimmung ein, wenn die Ersten Geigen die Oper mit Tatjanas Motiv eröffnen: einer kurzen, zerbrechlichen Phrase, die wie ein melancholisches Fragezeichen über der gesamten Oper zu
schweben scheint. Es ist das Motiv der unerfüllten Liebe und Sehnsucht, unter der
alle Figuren in „Eugen Onegin“ leiden.
Peter Tschaikowsky war, wenngleich eine Generation jünger, ein Zeitgenosse von Giuseppe Verdi und Richard Wagner. Sind in seinen Opern Einflüsse der beiden Komponisten zu erkennen?
In Russland kam zu jener Zeit alles ein bisschen verspätet an, weil es nicht diesen unbedingten Fokus auf die westeuropäische Kultur gab. Tschaikowsky war jedoch ziemlich gut informiert. Er hatte eine Zeitlang als Musikkritiker gearbeitet und die musikalischen Entwicklungen in Europa aufs Genaueste beobachtet. Dabei hatte er auch die ersten Bayreuther Festspiele als Journalist begleitet, war vom „Ring“ jedoch eher wenig begeistert, da er mit Wagners monumentalem Kompositionsstil und seinen Ideen von Heldentum nichts anfangen konnte. Verdis Interesse am Menschen und seine eher lyrische Herangehensweise lagen ihm da schon näher, wie man an seiner Entscheidung für Alexander Puschkins „Onegin“ merkt. Für Wagner wäre solch ein Stoff viel zu alltäglich gewesen!
In Russland kam zu jener Zeit alles ein bisschen verspätet an, weil es nicht diesen unbedingten Fokus auf die westeuropäische Kultur gab. Tschaikowsky war jedoch ziemlich gut informiert. Er hatte eine Zeitlang als Musikkritiker gearbeitet und die musikalischen Entwicklungen in Europa aufs Genaueste beobachtet. Dabei hatte er auch die ersten Bayreuther Festspiele als Journalist begleitet, war vom „Ring“ jedoch eher wenig begeistert, da er mit Wagners monumentalem Kompositionsstil und seinen Ideen von Heldentum nichts anfangen konnte. Verdis Interesse am Menschen und seine eher lyrische Herangehensweise lagen ihm da schon näher, wie man an seiner Entscheidung für Alexander Puschkins „Onegin“ merkt. Für Wagner wäre solch ein Stoff viel zu alltäglich gewesen!
Wo setzt Tschaikowsky eigene Akzente gegenüber Puschkins Romanvorlage?
Puschkins „Onegin“ ist sicherlich vielschichtiger, ambivalenter als Tschaikowskys Vertonung. Es gibt sehr viele unterschiedliche Ebenen darin: Da ist zum einen die Handlungsebene, dann der Kommentar durch einen fiktiven Autor, der aber nicht Puschkin ist, und darüber dann noch einmal Puschkins eigene Sicht auf die Dinge, die er immer wieder durchscheinen lässt. So können sich die Leserinnen und Leser ständig entscheiden: Habe ich Mitgefühl mit Tatjana, Lenski und co, oder der behalte ich die ironische Distanz der fiktiven Erzählerfigur?
Oder gibt es vielleicht noch eine dritte Perspektive, nämlich die von Alexander Puschkin? Solch eine komplexe Erzählstruktur ist in einem Opernlibretto natürlich nicht möglich, aber das war auch nicht das, was Tschaikowsky an Puschkins Roman interessiert hat, ebenso wenig wie die Satire. In Situationen, die Puschkin mit einem ironischen Lachen kommentiert, zeichnet Tschaikowsky die Bitterkeit, die inneren Tragödien dahinter; er leidet wirklich mit jeder einzelnen seiner Figuren mit. Das gibt der Musik eine Emotionalität, die mit rationalen Mitteln nicht zu beschreiben ist. Es ist eine Musik zum Fühlen, zum Mitempfinden und darin liegt der große Unterschied zu Alexander Puschkin.
Puschkins „Onegin“ ist sicherlich vielschichtiger, ambivalenter als Tschaikowskys Vertonung. Es gibt sehr viele unterschiedliche Ebenen darin: Da ist zum einen die Handlungsebene, dann der Kommentar durch einen fiktiven Autor, der aber nicht Puschkin ist, und darüber dann noch einmal Puschkins eigene Sicht auf die Dinge, die er immer wieder durchscheinen lässt. So können sich die Leserinnen und Leser ständig entscheiden: Habe ich Mitgefühl mit Tatjana, Lenski und co, oder der behalte ich die ironische Distanz der fiktiven Erzählerfigur?
Oder gibt es vielleicht noch eine dritte Perspektive, nämlich die von Alexander Puschkin? Solch eine komplexe Erzählstruktur ist in einem Opernlibretto natürlich nicht möglich, aber das war auch nicht das, was Tschaikowsky an Puschkins Roman interessiert hat, ebenso wenig wie die Satire. In Situationen, die Puschkin mit einem ironischen Lachen kommentiert, zeichnet Tschaikowsky die Bitterkeit, die inneren Tragödien dahinter; er leidet wirklich mit jeder einzelnen seiner Figuren mit. Das gibt der Musik eine Emotionalität, die mit rationalen Mitteln nicht zu beschreiben ist. Es ist eine Musik zum Fühlen, zum Mitempfinden und darin liegt der große Unterschied zu Alexander Puschkin.
Gibt es denn eine Figur in der Oper, mit der Tschaikowsky am stärksten mitempfindet?
Ganz eindeutig mit Tatjana! Alles beginnt und endet mit ihrer Musik, die ganze Partitur
ist musikalisch durchdrungen von der Frage: „Was fühlt Tatjana in dieser oder jener
Situation“? Sie ist eine empfindsame junge Frau, die das Gefühl hat, in der Provinz steckengeblieben zu sein, nicht wegzukommen. Also flüchtet sie in eine innere Emigration, und diese innere Welt macht Tschaikowsky mit großer Sensibilität für uns alle hör- und erlebbar. Dem entsprechend emotional wird es, als sich Tatjana zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt.
Im Gegensatz dazu wirkt Onegin musikalisch wie ein emotionaler Trittbrettfahrer. Obwohl
wir ihm als einem intelligenten Mann mit perfekten Manieren begegnen, bleibt seine Musik merkwürdig nichtssagend, immer eine Spur daneben. Er lässt sich dorthin mittreiben, wo Lebendigkeit ist, produziert jedoch wenig eigene Lebendigkeit – wenn es am Ende der Oper wirklich emotional wird, so ist das musikalisch Tatjanas Emotionalität, nicht Onegins. Das Stärkste, was man von seinen eigenen Gefühlen mitbekommt, ist eine gewisse Bitterkeit.
Ganz eindeutig mit Tatjana! Alles beginnt und endet mit ihrer Musik, die ganze Partitur
ist musikalisch durchdrungen von der Frage: „Was fühlt Tatjana in dieser oder jener
Situation“? Sie ist eine empfindsame junge Frau, die das Gefühl hat, in der Provinz steckengeblieben zu sein, nicht wegzukommen. Also flüchtet sie in eine innere Emigration, und diese innere Welt macht Tschaikowsky mit großer Sensibilität für uns alle hör- und erlebbar. Dem entsprechend emotional wird es, als sich Tatjana zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt.
Im Gegensatz dazu wirkt Onegin musikalisch wie ein emotionaler Trittbrettfahrer. Obwohl
wir ihm als einem intelligenten Mann mit perfekten Manieren begegnen, bleibt seine Musik merkwürdig nichtssagend, immer eine Spur daneben. Er lässt sich dorthin mittreiben, wo Lebendigkeit ist, produziert jedoch wenig eigene Lebendigkeit – wenn es am Ende der Oper wirklich emotional wird, so ist das musikalisch Tatjanas Emotionalität, nicht Onegins. Das Stärkste, was man von seinen eigenen Gefühlen mitbekommt, ist eine gewisse Bitterkeit.
Welche Rolle spielen die bäuerlichen Lieder und Tänze im ersten Akt der Oper?
Für Tschaikowsky hat diese volkstümliche Musik weniger eine inhaltliche als eine dramaturgische Funktion. Er benutzt sie als Kontrast zu der eleganten Petersburger Gesellschaft im zweiten Akt, aber – viel wichtiger – im ersten Akt auch als Kontrast zu
den Erlebnissen und Gefühlen Tatjanas. Tatjana kommt ja wie ihre Schwester Olga auch eher aus der bäuerlichen Welt, hat sich aber durch ihre Bücher innerlich eine ganz andere, schillerndere Welt erschaffen. Diesem Kontrast hat Tschaikowsky gleich von Beginn der Oper einen großen Raum eingeräumt. Vielleicht schwingt da auch eine sozialkritische Note mit, aber mein Gefühl ist, dass es Tschaikowsky eher um das Innerliche als um Gesellschaftskritik ging.
Für Tschaikowsky hat diese volkstümliche Musik weniger eine inhaltliche als eine dramaturgische Funktion. Er benutzt sie als Kontrast zu der eleganten Petersburger Gesellschaft im zweiten Akt, aber – viel wichtiger – im ersten Akt auch als Kontrast zu
den Erlebnissen und Gefühlen Tatjanas. Tatjana kommt ja wie ihre Schwester Olga auch eher aus der bäuerlichen Welt, hat sich aber durch ihre Bücher innerlich eine ganz andere, schillerndere Welt erschaffen. Diesem Kontrast hat Tschaikowsky gleich von Beginn der Oper einen großen Raum eingeräumt. Vielleicht schwingt da auch eine sozialkritische Note mit, aber mein Gefühl ist, dass es Tschaikowsky eher um das Innerliche als um Gesellschaftskritik ging.
Trotzdem scheinen entscheidende emotionale Entwicklungen der Figuren irgendwie im Dunkeln zu bleiben. Wie wird Tatjana vom introvertierten Mädchen vom Lande zur Frau eines Petersburger Fürsten?
Wir erfahren es nicht! Die entscheidenden Momente der Oper passieren nicht in der Musik, sondern in der Stille, in der Pause zwischen dem zweiten und dritten Akt. Ich hatte in meiner Jugend eine Phase, in der ich etwa zwei Wochen lang jeden Tag „Onegin“ gehört habe, ich war süchtig nach dieser Musik. Irgendwann habe ich dann aber gemerkt, dass man nach dem Duell zwischen Lenski und Onegin eine Pause braucht, um wirklich realisieren zu können, was da eigentlich gerade passiert ist.
Wenn man sich den „Onegin“ zu Hause anhört, sollte man mehrere Stunden Pause zwischen dem zweiten und dritten Akt einlegen, vielleicht sogar einen ganzen Tag. Nur wenn man dazwischen selbst etwas erlebt, kriegt man auch die Veränderung mit, die zwischen den beiden Akten passiert. In der ursprünglichen Fassung hatte Tschaikowsky noch 28 Takte für den Chor komponiert, in denen man noch etwas Zeit hat, sich auf die „neue“, reiche Tatjana vorzubereiten. Die hat er dann aber später selbst aus der Partitur gestrichen, so kommt ihr Auftritt als Fürstin Gremina nicht nur für Onegin, sondern auch für uns Zuschauerinnen und Zuschauer total unerwartet.
Tschaikowsky war es wichtig, die Oper an einem Konservatorium uraufführen zu lassen – warum?
„Eugen Onegin“ ist eine Oper, die im osteuropäischen Raum besonders von jungen Menschen geliebt wird, weil es all die intensiven Gefühle beschreibt, die man in dieser Phase seines Lebens zum ersten Mal durchlebt. Deshalb wollte Tschaikowsky gezielt mit jungen Menschen arbeiten, auch wenn es gar nicht so einfach war, Leute zu finden, die den stimmlichen Anforderungen der Partien gewachsen waren. Er wollte, dass sich seine Sängerinnen und Sänger noch selbst daran erinnern können, wie es ist, zum ersten Mal Liebe und Liebeskummer zu erfahren. Sie sollten ihre Rollen nicht spielen, sondern erleben, alles sollte möglichst natürlich sein und direkt zum Publikum sprechen. Auch das trägt zum intimen Charakter von „Eugen Onegin“ bei. //
Wir erfahren es nicht! Die entscheidenden Momente der Oper passieren nicht in der Musik, sondern in der Stille, in der Pause zwischen dem zweiten und dritten Akt. Ich hatte in meiner Jugend eine Phase, in der ich etwa zwei Wochen lang jeden Tag „Onegin“ gehört habe, ich war süchtig nach dieser Musik. Irgendwann habe ich dann aber gemerkt, dass man nach dem Duell zwischen Lenski und Onegin eine Pause braucht, um wirklich realisieren zu können, was da eigentlich gerade passiert ist.
Wenn man sich den „Onegin“ zu Hause anhört, sollte man mehrere Stunden Pause zwischen dem zweiten und dritten Akt einlegen, vielleicht sogar einen ganzen Tag. Nur wenn man dazwischen selbst etwas erlebt, kriegt man auch die Veränderung mit, die zwischen den beiden Akten passiert. In der ursprünglichen Fassung hatte Tschaikowsky noch 28 Takte für den Chor komponiert, in denen man noch etwas Zeit hat, sich auf die „neue“, reiche Tatjana vorzubereiten. Die hat er dann aber später selbst aus der Partitur gestrichen, so kommt ihr Auftritt als Fürstin Gremina nicht nur für Onegin, sondern auch für uns Zuschauerinnen und Zuschauer total unerwartet.
Tschaikowsky war es wichtig, die Oper an einem Konservatorium uraufführen zu lassen – warum?
„Eugen Onegin“ ist eine Oper, die im osteuropäischen Raum besonders von jungen Menschen geliebt wird, weil es all die intensiven Gefühle beschreibt, die man in dieser Phase seines Lebens zum ersten Mal durchlebt. Deshalb wollte Tschaikowsky gezielt mit jungen Menschen arbeiten, auch wenn es gar nicht so einfach war, Leute zu finden, die den stimmlichen Anforderungen der Partien gewachsen waren. Er wollte, dass sich seine Sängerinnen und Sänger noch selbst daran erinnern können, wie es ist, zum ersten Mal Liebe und Liebeskummer zu erfahren. Sie sollten ihre Rollen nicht spielen, sondern erleben, alles sollte möglichst natürlich sein und direkt zum Publikum sprechen. Auch das trägt zum intimen Charakter von „Eugen Onegin“ bei. //
Stimmen unserer Scouts für Oper und Ballett
Die Inszenierung von Regisseur Michael Thalheimer von Tschaikowskys "Eugen Onegin" sorgte nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Publikum beim Schlussapplaus für starke Emotionen. Über eine Dauer von drei Stunden, mit nur einer Pause nach zwei Stunden, taucht man ein in die Gefühlswelt von Tatjana und Eugen und leidet mit der Protagonistin, die mit der Schmach der unerwiderten Liebe zu dem Lebemann Eugen Onegin zurechtkommen muss. Während die ersten beiden Akte durchaus ihre Längen aufwiesen, begeisterte mich das große Finale in Akt drei mit einem "Showdown" zwischen Tatjana und Eugen. Neben der inhaltlichen Stärke gefiel mir besonders die farbliche Komposition im letzten Akt zwischen edler Abendrobe und perfekter Lichtstimmung sowie das Schattenspiel, in dem Tatjana den plötzlich verliebten Eugen weit überragt und schlussendlich zum Glück abblitzen lässt. Auch in dieser Premiere verdient die beeindruckende Leistung des Orchesters und der Sänger wieder höchstes Lob. Die gewaltigen Stimmen aller Solisten und Solistinnen scheinen spielend mit der Lautstärke des Orchesters mitzuhalten und sind wunderbar anzuhören.
- Alissa Steinseifer über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
- Alissa Steinseifer über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
Tschaikowski bietet ein Drama vom Feinsten; sie liebt ihn, er liebt sie nicht, Eifersucht, Duell und schlussendlich liebt er sie doch und sie ihn auch aber er war zu spät und sie schon fort... Musik voller Leidenschaft und Tiefe! Ein wahrer Showdown der Gefühle!
Was will man mehr? Das Publikum ist sich an diesem Abend nicht einig. Und auch bei mir sorgt das Bühnenbild und die Kostümwahl für Irritation; denn hier drückt sich ein starkes Ensable in den Ecken einer gut gemeinten Idee herum und stellt sich dabei selbst sowie Tschaikowskis Genie in den Schatten. In Thalheimers verschachtelten Bühnen-Methapher geht Tatjanas brausende Brief-Arie buchstäblich verloren. Verstehen tun wir ja die Idee, Herr Thalheimer, nur genießen wir die Ausführung nicht!
Der dritte Akt hingegen lässt einen alles wieder vergessen und verzeihen. Plötzlich passt die starke Präsenz unser Stars zu ihren starken Stimmen. Der Bass von Fürst Gremin ist grandios und Onegins Verzweiflung ein purer Genuss! Dazu kommt Gänsehaut und ein Chor in rosarot! Es ist also doch ein Abend der sich lohnt - bei solchen Tönen kann man eben doch auch mal ein Auge zudrücken.
-Anna von Aulock über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
Was will man mehr? Das Publikum ist sich an diesem Abend nicht einig. Und auch bei mir sorgt das Bühnenbild und die Kostümwahl für Irritation; denn hier drückt sich ein starkes Ensable in den Ecken einer gut gemeinten Idee herum und stellt sich dabei selbst sowie Tschaikowskis Genie in den Schatten. In Thalheimers verschachtelten Bühnen-Methapher geht Tatjanas brausende Brief-Arie buchstäblich verloren. Verstehen tun wir ja die Idee, Herr Thalheimer, nur genießen wir die Ausführung nicht!
Der dritte Akt hingegen lässt einen alles wieder vergessen und verzeihen. Plötzlich passt die starke Präsenz unser Stars zu ihren starken Stimmen. Der Bass von Fürst Gremin ist grandios und Onegins Verzweiflung ein purer Genuss! Dazu kommt Gänsehaut und ein Chor in rosarot! Es ist also doch ein Abend der sich lohnt - bei solchen Tönen kann man eben doch auch mal ein Auge zudrücken.
-Anna von Aulock über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
Emotionale und gesangliche Höchstleistung. Wie hat das Düsseldorfer Opernensemble uns in drei Stunden verzaubert?
Das Bühnenbild war im ersten und zweiten Akt auf ein Minimum reduziert. Eine veränderbare Holzkonstruktion gab den Protagonisten den Rahmen, der ihre unterschiedlichen Gemütszustände eindrucksvoll in Szene setzte.
Für manche Zuschauer mag dies sehr reduziert gewesen sein. Für mich unterstrichen die wandelbaren „Holzrahmengebungen“ die Handlung und die emotionalen Ausnahmezustände der Protagonisten sehr.
Die gesangliche Leistung des kompletten Ensembles und das Orchester war wieder meisterhaft und insbesondere Ekaterina Sannikova als Tatjana stach aus dem Ensemble hervor.
Die Kostüme wechselten vom zweiten zum dritten Akt. Hier übernahm Onegin das Kostüm von Lenski. Damit kam es zu einem optischen Rollentausch. Onegin wechselte von der Rolle des emotional unnahbaren Lebemanns in die des verzweifelt Verliebten. Zwei Stunden gesangliche Gefühlsoffenbarung bis zur Pause. Insgesamt drei Stunden Oper: Welch ein musikalischer Genuss!
- Elke Böttcher über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
Das Bühnenbild war im ersten und zweiten Akt auf ein Minimum reduziert. Eine veränderbare Holzkonstruktion gab den Protagonisten den Rahmen, der ihre unterschiedlichen Gemütszustände eindrucksvoll in Szene setzte.
Für manche Zuschauer mag dies sehr reduziert gewesen sein. Für mich unterstrichen die wandelbaren „Holzrahmengebungen“ die Handlung und die emotionalen Ausnahmezustände der Protagonisten sehr.
Die gesangliche Leistung des kompletten Ensembles und das Orchester war wieder meisterhaft und insbesondere Ekaterina Sannikova als Tatjana stach aus dem Ensemble hervor.
Die Kostüme wechselten vom zweiten zum dritten Akt. Hier übernahm Onegin das Kostüm von Lenski. Damit kam es zu einem optischen Rollentausch. Onegin wechselte von der Rolle des emotional unnahbaren Lebemanns in die des verzweifelt Verliebten. Zwei Stunden gesangliche Gefühlsoffenbarung bis zur Pause. Insgesamt drei Stunden Oper: Welch ein musikalischer Genuss!
- Elke Böttcher über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
Ein wundervoller Abend, mit großen Arien, voller Emotionen und Gefühlen. Ich war verzaubert von der Hauptprotagonistin Tatjana, die mich mit ihrem klaren, expressiven, emotionalen Gesang zutiefst berührt hat. Aber auch der Gesang der beiden Ensemblestars Bogdan Talos alias selbstgefälliger Fürst Gremin und Ovidius Purcel als todessüchtiger Lenski hat mich innerlich berührt.
Höhepunkte wurden auch immer wieder durch den stimmgewaltigen, mit sehr aufwendigen Kostümen ausgestatteten Chor gesetzt. Ein Drama zum Mitfiebern, vom Orchester sehr feinsinnig untermalt. Ein Drama um Liebe, Emotionen, Verletzlichkeit und Selbstgefälligkeit - welches immer noch zeitlose Gültigkeit hat. Wieder einmal bin ich Tschaikowsky ein ganzes Stück nähergekommen.
Und wer weiß, dass Thalheimer für die Reduktion auf das Wesentliche steht, lässt sich hoffentlich nicht vom dem sehr puristischen Bühnenbild enttäuschen und erlebt somit Tschaikowsky als Höchstgenuss.
-Christine Preuß über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
Höhepunkte wurden auch immer wieder durch den stimmgewaltigen, mit sehr aufwendigen Kostümen ausgestatteten Chor gesetzt. Ein Drama zum Mitfiebern, vom Orchester sehr feinsinnig untermalt. Ein Drama um Liebe, Emotionen, Verletzlichkeit und Selbstgefälligkeit - welches immer noch zeitlose Gültigkeit hat. Wieder einmal bin ich Tschaikowsky ein ganzes Stück nähergekommen.
Und wer weiß, dass Thalheimer für die Reduktion auf das Wesentliche steht, lässt sich hoffentlich nicht vom dem sehr puristischen Bühnenbild enttäuschen und erlebt somit Tschaikowsky als Höchstgenuss.
-Christine Preuß über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
Ich mag die Musik von Tschaikowsky. Ich mag die Vielfältigkeit und die Emotionalität und auch das Drama was die Musik von ihm ausdrückt. Umso mehr war ich auf den heutigen Abend gespannt.
Vielleicht hatte ich eine falsche Erwartungshaltung an den heutigen Abend, aber diese Art der puristischen Inszenierung hat mir leider nicht zugesagt. Ich habe höchsten Respekt vor jeglicher künstlerischer Entwicklung und aller Ausdrucksformen. Und gleichzeitig war mir davon heute viel zu wenig zu sehen. Denn die beeindruckende Bühnentechnologie, die hier aufgefahren wurde, hat dem Stück nicht geholfen.
Deshalb möchte ich aber ausdrücklich differenzieren: Während die Musik, das Orchester und der Gesang der Darsteller einfach fantastisch war, so hat mich das Kostüm und die Bühne enttäuscht. In einem dreistündigen Opernabend passierte auf der Bühne leider sehr wenig. Entscheidende Momente der Handlung wurden, bis auf das Äußerste reduziert, dargestellt. Hätte ich mich mit der Handlung nicht intensiv im Vorfeld beschäftigt, hätte ich die Inszenierung nicht verstanden. Das nächste Mal wird bestimmt wieder klasse.
- Benjamin Arndt über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf
Vielleicht hatte ich eine falsche Erwartungshaltung an den heutigen Abend, aber diese Art der puristischen Inszenierung hat mir leider nicht zugesagt. Ich habe höchsten Respekt vor jeglicher künstlerischer Entwicklung und aller Ausdrucksformen. Und gleichzeitig war mir davon heute viel zu wenig zu sehen. Denn die beeindruckende Bühnentechnologie, die hier aufgefahren wurde, hat dem Stück nicht geholfen.
Deshalb möchte ich aber ausdrücklich differenzieren: Während die Musik, das Orchester und der Gesang der Darsteller einfach fantastisch war, so hat mich das Kostüm und die Bühne enttäuscht. In einem dreistündigen Opernabend passierte auf der Bühne leider sehr wenig. Entscheidende Momente der Handlung wurden, bis auf das Äußerste reduziert, dargestellt. Hätte ich mich mit der Handlung nicht intensiv im Vorfeld beschäftigt, hätte ich die Inszenierung nicht verstanden. Das nächste Mal wird bestimmt wieder klasse.
- Benjamin Arndt über die Premiere am 25. Februar 2024 in Düsseldorf